Der Arbeitgeber schuldet den gesetzlichen Mindestlohn für jede tatsächlich
geleistete Arbeitsstunde und damit für alle Stunden, während derer
der Arbeitnehmer die geschuldete Arbeit erbringt. Vergütungspflichtige
Arbeit ist dabei nicht nur die Vollarbeit, sondern auch die Bereitschaft.
Der Arbeitnehmer kann während des Bereitschaftsdienstes nicht frei über
die Nutzung dieses Zeitraums bestimmen, sondern muss sich an einem vom Arbeitgeber
bestimmten Ort (innerhalb oder außerhalb des Betriebs) bereithalten, um
im Bedarfsfalle die Arbeit aufzunehmen.
Die gesetzliche Vergütungspflicht des Mindestlohngesetzes differenziert
nicht nach dem Grad der tatsächlichen Inanspruchnahme. Leistet der Arbeitnehmer
vergütungspflichtige Arbeit, gibt das Gesetz einen ungeschmälerten
Anspruch auf den Mindestlohn.
Dazu lag dem Bundesarbeitsgericht folgender Sachverhalt zur Entscheidung vor:
Ein Arbeitnehmer hatte in den betreffenden Monaten ein seiner Eingruppierung
entsprechendes Tabellenentgelt von ca. 2.400 €/Monat (brutto; 38,5 Std.)
erhalten. Während insgesamt 8 Monaten leistete der Arbeitnehmer 318 Stunden
Arbeitsbereitschaft.
Nach dem Tarifvertrag konnte die wöchentliche Arbeitszeit bis zu 12 Stunden
täglich und auf 48 Stunden wöchentlich verlängert werden, wenn
in sie regelmäßig eine Arbeitsbereitschaft von durchschnittlich mindestens
3 Stunden fällt. Der Arbeitgeber machte von dieser Option während
der 8 Monate Gebrauch, wobei die wöchentliche Höchstarbeitszeit nicht
überschritten wurde. Es ergaben sich 208 Monatsstunden, für die der
gesetzliche Mindestlohn in dem entsprechenden Zeitraum 1.768 € brutto/Monat
beträgt.
Mit dem Tabellenentgelt wurde nicht nur die regelmäßige Arbeitszeit
von 38,5 Stunden/Woche Vollarbeit, sondern auch eine Mischung aus Vollarbeit
und Bereitschaftsdienst vergütet. Somit hatte der Arbeitnehmer mehr Vergütung
für Vollarbeit und Bereitschaftsdienst erhalten, als ihm der Arbeitgeber
nach dem Mindestlohngesetz hätte zahlen müssen.